Was ist eine Thalassämie?
Der Name „Thalassämie“ kommt vom griechischen Wort thalassa (Meer) und häma (Blut). 1925 wurde von einem Arzt in Detroit (USA) eine schwere angeborene Anämie bei einem Kind italienischer Einwanderer beschrieben und Thalassämie (Mittelmeeranämie) genannt. Man dachte damals, diese Erkrankung gäbe es nur im Mittelmeerraum. Heute wissen wir, dass es die ß-Thalassämien ursprünglich nicht nur im östlichen Mittelmeerraum, sondern auch im ganzen Mittleren Osten und in Süd-Ost-Asien, die alpha-Thalassämien vor allem in Süd-Ost-Asien, aber auch im Mittleren Osten, im östlichen Mittelmeerraum und in Afrika gibt. Durch die Migration der letzten Jahrzehnte gibt es die Thalassämien heute in allen Ländern der Erde.
Die Thalassämien sind erbliche Erkrankungen des roten Blutfarbstoffes (Hämoglobin, kurz Hb), der aus einem Eiweiß-Anteil und den Sauerstoff-Trägern, dem Häm, besteht. Jedes der 4 Häm-Moleküle ist von einer Eiweißkette umgeben (Abb. 1). Der Eiweiß-Anteil des Hämoglobins besteht aus 4 sog. Ketten, die nach dem griechischen Alphabet benannt sind: alpha, beta (ß), gamma bzw. delta Ketten. Normalerweise werden von allen Ketten so viele gebildet, dass gerade genug da sind, um Paare zu bilden: je 2 alpha-Ketten kombinieren sich mit je 2 der anderen Ketten.
Der gesunde Mensch hat 3 verschiedene Hämoglobine: HbA1 (alpha2 ß2) (Abb. 1), HbA2 (alpha2 delta2) und HbF (alpha2 gamma2). Das HbF heißt „fetales Hämoglobin“ weil es der rote Blutfarbstoff ist, der bei Kindern vor der Geburt (Feten) überwiegt. Nach der Geburt wird fast kein HbF mehr gebildet, dafür umso mehr HbA (das A steht für adult = Erwachsener). Eine dieser 4 Ketten, am häufigsten sind es die ß- bzw. alpha–Kette, ist bei den Thalassämien vermindert bzw. wird überhaupt nicht gebildet. Die überschüssigen Ketten schädigen die roten Blutkörperchen so, dass sie winzig klein sind und entweder, bei der ß-Thalassämie, schon im Knochenmark, oder, bei der alpha–Thalassämie), erst in der Blutbahn, zerstört werden. Bei der alpha–Thalassämie werden zu wenig oder gar keine alpha–Ketten gebildet, je nachdem, wie viele Gene für die alpha–Ketten noch vorhanden sind.